Miramo kostenlos, warum?

Das Publishing-Tool Miramo kostet eigentlich €9500 und mehr. Die Miramo Personal Edition ist kostenlos, aber warum?

Vielleicht hilft ein kleiner Blick darauf, wie das Tool funktioniert. Alleine durch das Studium der mit Business-Lingo überfrachteten Webseiten wird das nicht ohne Weiteres klar.

Begonnen hat Miramo mit der Aufbereitung von Datenbank-Exporten in Textform. Diese wurden durch das Tool aufbereitet und schließlich mit einem FrameMaker-Template (einem leeren MIF-Dokument) zusammengeführt um so ein gefülltes Dokument zu erstellen. Etwas zeitgemäßer ist die Verwendung von XML als Ausgangsformat, wofür es auf der Webseite tatsächlich ein konkretes Beispiel gibt:

<?xml version="1.0" encoding="UTF-8" ?>
<MiramoXML Tfile="template.mif" Opdf="output.pdf" >
  <P format="bodyText">Hello World</P>
</MiramoXML>

Dieses MiramoXML wird zum Beispiel mit einer XSL-Transformation erstellt und enthält letztlich den gewünschte FrameMaker-Textfluss – also die Reihe von Absätzen mit allen enthaltenen Texten, Formaten, Tabellen, Abbildungen. Dahinter steckt eine gewisse einmalige Fleißarbeit, das Ergebnis ist ein ziemlich performantes System, mit dem sich den Regeln entsprechende formatbasierte FrameMaker-Dokumente erstellen lassen. Die können anschließend mit FrameMaker weiter bearbeitet oder (über FrameMaker und Distiller) als PDF gespeichert werden.

Die Konkurrenz

Der natürliche Konkurrent dieses Verfahrens sind XSL-FO-Prozessoren, bei denen der manuelle Eingriff wegfällt und dafür auch keine FrameMaker-Lizenz benötigt wird. Zudem sind die kommerziellen Versionen dieser Prozessoren günstiger, erst recht wenn man zu Miramo auch noch einen Lizenz für FrameMaker Server hinzurechnet. Vor daher ist Miramo also unter Druck.

Aber was ist mit der tollen Leistungsangabe auf http://www.miramox.com/?

Using Adobe’s high-end DTP package FrameMaker®, Miramo can produce documents at a rate of tens of thousands of pages per hour or over a million pages overnight.

1.000.000 Seiten pro Nacht sind bei einer großzügig berechneten Nacht von 16 Stunden immer noch 62.500 Seiten/Stunde. Ich durfte einmal ein hochgezüchtetes PDF-Publishing-Verfahren mit mehreren parallel arbeitenden FrameMaker-Instanzen bewundern, welches aus XML-Daten ca. 2.000 PDF-Seiten pro Stunde produzieren konnte. Bei den Miramo-Zahlen kann es sich folglich nur um die Zurverfügungstellung von FrameMaker-Dokumenten mit dem erwähnten Seitenumfang handeln. Marketing-Lingo also, das verschatten will, dass es völlig unmöglich ist, solche Volumina a) manuell nachzubearbeiten und b) auch nur annähernd in dieser Geschwindigkeit über PostScript und Distiller nach PDF zu speichern.

Ein einzelner XSL-FO-Prozessor kann auf Basis eines Praxistests mit einem durchschnittlichen Handbuch ca. 100–150 Seiten/Minute, also 6.000 Seiten/Stunde produzieren.

Mein Fazit

Wenn also die Informationen bereits in XML vorliegen und wenn große Volumina als PDF publiziert werden sollen, warum sollte jemand auf eine proprietäre Lösung wie Miramo mit FrameMaker und Distiller setzen, statt XSL-FO einzusetzen, wo es sogar die Auswahl zwischen verschiedenen Tool-Anbieter gibt (Apache FOP, Antennahouse Formatter, RenderX XEP)?

Aha, deshalb ist Miramo PE kostenlos…

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Eine Antwort zu Miramo kostenlos, warum?

  1. Nachtrag: Wenn Miramo eingesetzt wird, um die so entstandenen FrameMaker-Dokumente nachträglich zu bearbeiten – zum Beispiel, um manuelle Layout-Änderungen vorzunehmen – , dann gibt es ebenfalls Alternativen. Mit dem kostenlosen MIFML-Converter von Scott Prentice lässt sich folgende Prozesskette realisieren:

    1. Ausgangs-XML per XSLT in ein MIF-XML transformieren.
    2. Mit dem MIF-Converter werden daraus echte MIF-Dateien, die sich
    3. mit FrameMaker öffnen lassen.

    Nur so als Idee…

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